"Löwin" Judith Williams im Interview

"Es gibt Leute, die nur die Werbezeit wollen"

von Maximilian Haase
Die VOX-Gründershow "Die Höhle der Löwen" ist am 4. September 2018 in die fünfte Staffel gestartet.
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Die VOX-Gründershow "Die Höhle der Löwen" ist am 4. September 2018 in die fünfte Staffel gestartet.  Fotoquelle: MG RTL D / Bernd-Michael Maurer

Unternehmerin Judith Williams ist eine von zwei Investoren, die seit Anfang an bei "Die Höhle der Löwen" dabei sind. Im Interview spricht sie über Bauchgefühl im Business, die neue Generation in Deutschland und erklärt, warum in der Anfangszeit so viele Start-ups nach dem "DHDL"-Deal scheiterten.

Po-Dusche, Roskittas Rostschreck oder Abfluss-Fee: Wer bei "Die Höhle der Löwen" sein Produkt verkaufen will, braucht neben einer zündenden Idee auch einen einprägsamen Namen. Keine weiß das besser als Unternehmerin Judith Williams, die mit ihrer Firma seit 2007 gezielte Markenbildung im Kosmetikgeschäft betreibt. Seit inzwischen vier Jahren und vier Staffeln begibt sich die Deutsch-Amerikanerin zudem mit ihrer Expertise in der beliebten VOX-Show auf die Suche nach lohnenden Start-Up-Ideen. Neben Frank Thelen ist die 45-Jährige als Einzige seit der ersten Ausgabe dabei. Seit vergangenem Jahr wechselt sie sich im Investorensitz mit Georg Kofler ab. Nach ihrem Erfolg bei "Let's Dance" spricht Judith Williams zum Start der fünften Staffel "DHDL" (ab Dienstag, 4. September, 20.15 Uhr), die an die enormen Einschaltquoten 2017 anknüpfen muss, über den neuen Gründergeist in Deutschland und eine vielversprechende junge Generation.

prisma: Neben Frank Thelen sind Sie als einzige Investorin seit Beginn dabei. Hatten Sie dabei jemals Zweifel am Format "Höhle der Löwen"?

Judith Williams: Wirkliche Zweifel hatte ich nie, ich habe nur überlegt, ob die Menschen das so annehmen. Will man fünf erfolgreiche Leute da sitzen sehen, die ihren Senf abgeben? Zahlreiche Investoren wurden ja angefragt, die sagten: Um Himmels Willen, dann würden ja alle sehen, dass ich erfolgreicher Unternehmer bin! Die hatten Angst, neidische Blicke auf sich zu ziehen. Ich glaube aber, diese Mentalität hat sich heute geändert – vor allem in dieser wunderbaren neuen Generation.

prisma: Was ist an der jungen Generation denn anders?

Williams: Sie erfindet sich sensationell selbst. Sie macht die Dinge einfach besser und leichter als die Generation zuvor. Sie sagt: Ich will erfolgreich sein, ich will mit meinem Unternehmen Geld machen, ich möchte damit profitabel sein! Das finde ich gut, das haben wir gebraucht in Deutschland.

prisma: Dabei unterstellt man der Generation der Millennials doch sonst eher Entscheidungsunfähigkeit ...

Williams: Ja, man sagt, die Millennials wüssten nicht, was sie wollen. Wer weiß denn schon, was er will? Weiß das jeder von uns? Jeder weiß, dass er glücklich sein und ein gutes Leben führen will. Aber ich glaube, die Millennials trauen sich, mehr auszuprobieren. Wir dachten: alles muss perfekt sein, die erste Fliese muss sauber gelegt werden – aber von diesem Denken sollten wir uns nicht einschränken lassen. Davon müssen wir wegkommen – und das finde ich an den Millennials toll! Sie trauen sich, anders zu denken. They think big, they think wide!

prisma: Ist das ein amerikanischer Geist, der inzwischen auch in Deutschland mehr Fuß fasst?

Williams: Ja. Und es handelt sich Gott sei Dank um eine gute Seite jenes amerikanischen Geistes. Oft bekommen wir ja durch die aktuelle Politik ein anderes Bild der USA – was mir als Amerikanerin sehr weh tut. Aber dieser US-amerikanische Unternehmensgeist sagt: Es gibt kein Falsch oder Richtig! Du darfst fallen – und wieder aufstehen! Es ist sogar so: Wer nicht gefallen ist, den nimmt man nicht richtig ernst, der hat ja noch nichts hinter sich. Und es stimmt ja auch. Man kann nicht nur auf der rosa Wolke schweben; hinfallen und aufstehen macht doch erst die Würze des Lebens aus. Die Jungen wollen aus dem Leben mehr rausholen, suchen ihre Bestimmung. Da gibt es nicht einen Weg, sondern viele Farben im Business.

prisma: Die Generation vorher kannte oft nur einen vorgefertigten Weg, war oft auf Sicherheit aus. War das zu jener Zeit notwendiger als heute?

Williams: Die waren zaghafter. Deren Elterngeneration war eine andere. Sie wollten gerne, aber durften nicht. In meiner Generation höre ich oft: Ich hätte gerne, aber ich musste wegen meiner Eltern das und das studieren. Die Eltern der Millennials sagen: Finde das, was dir Spaß macht! Natürlich muss ich mich ausprobieren. Wie kann ich denn aus dem Abitur rauskommen und wissen, was meine ewige Bestimmung ist?

prisma: Wie schätzen Sie die "Höhle der Löwen"-Kandidaten denn ein – geht es den meisten um den öffentlichen Fame oder tatsächlich um ihre Idee?

Williams: Es gibt alles. Leute, bei denen ich schon spüre, dass sie nur die Werbezeit wollen. Die gar kein Investment wollen. Mit der Erfahrung von fünf Staffeln merke ich das inzwischen. Dann gibt es Leute, die wirklich Hilfe suchen, weil sie es nicht schaffen oder noch nicht gelernt haben. Andere wollen nur ein Business verkaufen und andere die Arbeit machen lassen. Es gibt in der "Höhle der Löwen" alles – so, wie es im Business alles gibt!

prisma: Spiegelt die Show Ihrer Meinung nach also die tatsächliche Unternehmenswelt da draußen?

Williams: Absolut. Es gibt immer Abzocker, es gibt Fleißige. Jeder Unternehmer ist anders. Emotionalität kann man aus dem Business zum Beispiel nicht entfernen! Es geht viel ums Bauchgefühl: Wenn es da nicht kitzelt, warum sollte man dann investieren? Es muss eine Bereicherung sein.

prisma: In der ersten Staffeln der "Höhle der Löwen" scheiterten viele Investments aus der Show kurz danach in der "realen" Welt.

Williams: Das ist das Leben. Das ist das reale Geschäft. Neun von zehn Start-ups funktionieren nicht. Das ist auch die Quote, die es draußen gibt. Manche funktionieren super, manche plätschern so vor sich hin.

prisma: Die Sendung wurde für die Scheiter-Quote von 75 Prozent ziemlich kritisiert. Wie konnte man das im Laufe der Staffeln in den Griff kriegen?

Williams: Man baute viel mehr Schritte ein. Am Anfang wurde nicht viel gecheckt – wir gingen einen Deal ein und stellten später fest: Die sind ja hochverschuldet! Wenn das vorher keiner sagt, steckt man Geld rein – und das ist sofort wieder weg. Die Vorbereitung von VOX wurde größer; auch die Gründer wurden sehr viel besser, weil sich schon ganz anders gecoacht wurden vor der Sendung. Man sagte denen: Du musst deine Hausaufgaben noch machen, sonst platzt der Deal. Und: Deutschland hat sich verändert!

prisma: In dieser kurzen Zeit?

Williams: In fünf Jahren Start-Up-Szene stecken wir zwar immer noch in den Kinderschuhen. Aber Babyschuhe haben wir keine mehr. Du kannst in fünf Jahren so eine Veränderung in der Bildung haben. Einer der Gründer der neuen Staffel war vor fünf Jahren 15! Deshalb muss man mit dieser Generation immer in Kontakt bleiben. Und meine Generation muss kommen, um ihnen ein Fundament zu geben.

prisma: Sie persönlich haben sich ja auch außerhalb der "Höhle der Löwen" ins Fernsehen gewagt. Haben Sie, auch als ausgebildete Sängerin, nach ihrem Erfolg bei "Let's Dance" auf der Bühne im TV-Entertainment Blut geleckt?

Williams: Ich liebe Entertainment! Auch im Business war ich immer ein bunter Hund, ein Paradiesvogel! Da sagte man anfangs auch: Was will eigentlich die Kosmetiktante? Bis man dann die Zahlen sah. Erst dann nahm man eine Frau, die ein orangefarbenes Kleid anzieht, ernst. Heute, um wieder auf die Millennials zurückzukommen, will man ein buntes Business! Deshalb habe ich bei "Let's Dance" natürlich Blut geleckt. Denn: Business ist Entertainment! Es gibt nichts Spannenderes – es gibt Höhen und Tiefen, eine unglaubliche Emotionalität. Alle tun nur immer so ernst! Wenn ich zweimal bei "Let's Dance" mitmachen könnte, würde ich das tun!


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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