Bei "Maischberger"

Ex-Bundesinnenminister Thomas de Maizière fordert "Staatsreform"

08.05.2024, 09.03 Uhr
von Marko Schlichting

Im ARD-Talk "Maischberger" wurde unter anderem über die schockierende Gewalttat gegen den sächsischen SPD-Spitzenkandidaten debattiert. Thomas de Maizière analysierte zudem, warum eine rechtsextreme Partei wie die AfD so erfolgreich werden konnte. 

Hat Deutschland den Rechtsextremismus unterschätzt?

Nach dem brutalen Anschlag auf den SPD-Spitzenkandidaten für die Europawahlen, Matthias Ecke, herrscht in der Politik Entsetzen. Ecke wurde am Freitagabend in Dresden von vier Jugendlichen krankenhausreif geschlagen, von denen mindestens einer dem rechten Spektrum zuzuordnen ist. Am Sonntag nahmen etwa 3.000 Menschen in Dresden an einer Demonstration für Demokratie teil. Einer von ihnen: der ehemalige Innen- und Verteidigungsminister Thomas de Maizière, der auch in Sachsen verschiedene Ministerämter bekleidete und jetzt in der Nähe von Dresden lebt.

Auf dem Bundesparteitag der CDU, der in dieser Woche stattfindet, hatte Parteichef Friedrich Merz am Montag gesagt: "Wir alle müssen uns vorwerfen lassen, dass wir den Rechtsextremismus jahrelang unterschätzt haben." Damit habe Merz recht, sagt de Maizière am Dienstagabend in der ARD-Talkshow "Maischberger". Nach dem gescheiterten NPD-Verbotsverfahren habe man gedacht, das Thema Rechtsextremismus habe sich erledigt.

Danach habe man sich mit der AfD schwergetan und die Pegida-Bewegung zunächst ignoriert und dann stigmatisiert. De Maizière sprach von einem "harten rechtsextremen Kern". "Es gibt Hassaufrufe im Netz, es gibt Mordaufrufe, es gab Morde", erinnert der CDU-Politiker.

Thomas de Maizière: Der AfD müsse man sich entgegenstellen

Für die Erfolge der AfD gerade in Ostdeutschland sieht de Maizière drei Gründe. Zum einen hätten viele Menschen in Ostdeutschland die Nase voll von den Veränderungen, mit denen sie nach der Wiedervereinigung heute kämpfen müssten, von Künstlicher Intelligenz bis zum Krieg. Dann störten sie die Belehrungen von Menschen aus Westdeutschland, die es nach Ansicht de Maizières immer noch gebe. Schließlich kritisieren laut de Maizière viele Menschen in den neuen Bundesländern die Funktionsunfähigkeit des Staates.

Deswegen sagt de Maizière: "Wir brauchen eine Staatsreform." Der Staat sei vor allem nicht krisenfest und zu kompliziert. Entscheidungen würden zu langsam gefällt und umgesetzt. Als Beispiel nennt er die Bezahlkarte für Geflüchtete, die Politiker parteiübergreifen verlangt hatten. Bis zur Entscheidung habe es neun Monate, bis zu der Umsetzung der Entscheidung noch einmal ein halbes Jahr gedauert. "Jede Organisation, auch ein Staat, braucht fürs Funktionieren einmal eine grundlegende Veränderung", sagt de Maizière. "Das gilt für die Digitalisierung ganz sicher, das gilt für die Bildung, für Migration und das Verhalten bei Krisen. Dafür sind wir einfach nicht funktionsfähig genug."

Der AfD müsse man sich entgegenstellen. Falsch sei es jedoch zu behaupten, die Partei sei gegen Demokratie. "Was man sagen muss ist: Ihr seid keine Patrioten, ihr vertretet nicht deutsche Interessen, ein Patriot verbindet deutsche und europäische Interessen und lässt sich nicht vom Ausland kaufen. Dann muss man sagen: Ihr seid nicht freiheitlich, sondern völkisch, ihr seid geschichtsvergessen und sät Hass in diese Gesellschaft." Schließlich sollte man sich nicht zu viel mit der AfD beschäftigen, sondern erklären, welche Lösungen die demokratischen Parteien bieten.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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