Komödie im Ersten

"Nie zu spät": Der Kinder zuliebe

26.02.2022, 08.24 Uhr
von Wilfried Geldner

Ein Flugkapitän will seiner Frau zuliebe in den Vorruhestand gehen. Doch dann wittert er doch noch die große Karriere. Eine Machokomödie mit Tiefgang.

ARD
Nie zu spät
Komödie • 26.02.2022 • 20:40 Uhr

Zweimal war er schon verheiratet, der Flugkapitän Paul Langner (Heino Ferch), der gerne seine Uniform und die Nase weit oben trägt. Zwei Kinder hat er schon aus früheren Ehen. "Kindererziehung", so weiß er, sei "ein Kinderspiel". Und so willigt der 57-Jährige in der ARD-Komödie "Nie zu spät" denn auch in den Kinderwunsch seiner 20 Jahre jüngeren Ehefrau Susanne (Picco von Groote) ein – wenn auch ein bisschen widerwillig. Ihr Timing, so glauben beide Ehehälften, sei perfekt. Ein paar Jahre noch, dann würde der Flugkapitän in den vorzeitigen Ruhestand gehen. Susanne könnte sich ihrerseits dann wieder dem Berufsleben widmen – Schnitt.

Als es dann so weit ist – Sohn Franz ist jetzt fünf -, sieht die Sache ganz anders aus. "Ich hatte schon zwei Kinder. Ich hab' jetzt nicht noch eins gebraucht", wirft Papa Paul leichtfertig im Zwiegespräch mit Susanne hin. Hintergrund seines Sinneswandels ist dabei, dass er von seiner Chefin (Irina Wanka) das Angebot bekommen hat, endlich das größte Flugzeug der Flotte zu lenken. "747 ist ein Langstreckenflugzeug", weiß der plapperfreudige Knirps Franz zu vermelden. Das Flugzeug des Papas, eine 737, dagegen nur Mittelstrecke.

Was zunächst wirkt wie ein aus dem Zylinder gezaubertes Komödienkaninchen, bekommt schnell Tiefgang. Auf dem Küchentisch liegt ein Abschiedsbrief, Franz hat darin versehentlich das Butterbrot eingewickelt. Susanne hat ein Ultimatum gestellt, sie selbst ist verschwunden. Paul habe eine Woche Zeit, um sich als fürsorglicher Vater zu erweisen. Es sei seine letzte Chance.

Gekonnt geführtes Dialog-Gefecht

Dass dann auch noch Jonas und Tabea, die Kinder aus Ehe eins und zwei, auf der Matte stehen, macht den Stress für Paul perfekt, die Komödie bekommt Tempo – ganz wie ein Flugzeug am Start. Die bezopfte Tabea (Harriet Herbig-Matten) hat in der Schule aus Prüfungsangst angegeben, dass ihr Vater "gestorben" sei. Sie will die Schule verlassen, eine Lehrstelle suchen. Tabea ritzt sich gelegentlich die Unterarme auf, ihr älterer Bruder Jonas hingegen hat bereits einen Therapeuten aufgesucht. Nun kommt er, um sich von seinen Angst-besetzten Vaterkomplex zu befreien.

Gute Komödien dürfen nicht zimperlich sein, hat sich die Drehbuchautorin Sarah Schnier offensichtlich gedacht. So werden zwecks Bewältigung der Neurosen per Videostream nun auch noch die früheren Ehefrauen (Sheri Hagen, Ines Honsel) eingebunden. Das alles ergibt in der Regie von Tomy Wigand ein gekonnt geführtes Dialog-Gefecht, wie man es in deutschen Filmen eher selten sieht.

Der auf arge Probe gestellte Luftfahrtkapitän, der auch im Privatleben gerne Uniform und Mütze trägt, wird nun von den Kindern umgedreht. Was soll man sagen: Aus dem selbstverliebten Macho wird ein verständnisvoller Vater und Ehemann. Dass das tragikomische Patchwork im zweiten Teil einige Längen bekommt und zum Roadmovie ausartet, bei dem der fehlende Führerschein des Flug-Papas eine wichtige Rolle spielt – geschenkt. Ein guter Billy-Wilder-Stoff, geistvolle Dialoge und ein perfekt geführtes Ensemble – vom Knirps (Jakob Josef Gottlieb) bis zum angeschlagenen Kraftprotz des Heino Ferch – machen alle Einwände zunichte, die womöglich auf mehr Realismus pochen wollten.

Nie zu spät – Sa. 26.02. – ARD: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

Das könnte Sie auch interessieren